Oldenburg: Erste Erkenntnisse nach tödlichen Schüssen auf 21-Jährigen
Der Tod des 21-jährigen Lorenz A. nach tödlichen Polizeischüssen in Oldenburg wirft Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft teilt nun erste Ermittlungsergebnisse.

In der Nacht zu Ostersonntag kam es in der Oldenburger Innenstadt zu einem folgenschweren Polizeieinsatz. Nach einer Auseinandersetzung vor einer Diskothek wurde der Schwarze Lorenz A. von mehreren Schüssen eines Polizisten getroffen.
Er starb kurz darauf im Krankenhaus. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, während Tausende Menschen Gerechtigkeit fordern.
Tatablauf und erste Ermittlungsdetails
Laut Staatsanwaltschaft Oldenburg begann der Vorfall gegen 2.30 Uhr vor der Diskothek «Pablo’s»: Dort soll Lorenz A. Reizstoff in Richtung von Security-Mitarbeitern gesprüht haben, wodurch mehrere Menschen leicht verletzt wurden. Anschliessend flüchtete er, verfolgt von mehreren Personen.

Als diese sich ihm näherten, habe er ihnen mit einem Messer gedroht. Das Messer habe er dann aber wieder eingesteckt und sei weitergelaufen.
Die Polizei Delmenhorst – sie hat die Ermittlungen aus Neutralitätsgründen übernommen – bestätigt den Kontakt mit Einsatzkräften. Der 21-Jährige wurde bei der Flucht von diesen angesprochen, rannte aber davon.
Polizei erschiesst Lorenz A. in Oldenburg
In einer Nebenstrasse traf er auf weitere Polizisten, sprühte erneut Reizgas und verletzte dabei einen Beamten, so die Staatsanwaltschaft Oldenburg. Daraufhin feuerte ein 27-jähriger Polizist fünf Schüsse ab, von denen mindestens drei Lorenz A. von hinten trafen – an Oberkörper, Hüfte und Kopf.
Ein vierter Schuss streifte den Oberschenkel. Das Messer wurde am Tatort sichergestellt.

Hinweise darauf, dass Lorenz A. vor der Schussabgabe das Messer gegen die Polizei eingesetzt habe, liegen laut Staatsanwaltschaft derzeit nicht vor, wie der «NDR» berichtet.
Obduktionsergebnisse und Ermittlungsstand
Die Obduktion bestätigte, dass alle tödlichen Schüsse von hinten abgegeben wurden. Die Ermittlungen konzentrieren sich nun darauf, ob der Schusswaffeneinsatz verhältnismässig war und ob eine Notwehrsituation bestand.
Der beschuldigte Polizist ist vom Dienst suspendiert, gegen ihn läuft ein Verfahren wegen Totschlags. Die Polizei wertet Video- und Audioaufnahmen aus, darunter Handyaufnahmen und den Funkverkehr.
Bodycam-Aufnahmen existieren nicht, da die Geräte laut Behörden zum Zeitpunkt des Einsatzes nicht eingeschaltet waren. Die Staatsanwaltschaft bittet weiterhin um Zeugenhinweise, um den Ablauf lückenlos zu rekonstruieren, wie «Tagesschau» berichtet.
Grosse Anteilnahme und öffentliche Reaktionen
Der Fall hat bundesweit für Entsetzen gesorgt. Am Tatort legten zahlreiche Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an.

In Oldenburg und weiteren Städten demonstrierten Tausende gegen Polizeigewalt und forderten eine vollständige Aufklärung. Die Veranstalter der Kundgebungen betonen, dass das Vertrauen in die Polizei aufgrund von strukturellem Rassismus auf dem Spiel stehe.
Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmenden in Oldenburg auf bis zu 10'000 Menschen. Auch Experten und der Anwalt der Mutter von Lorenz A. fordern eine umfassende Sicherung aller Beweise. Der Einsatz solle transparent aufgearbeitet werden, so der «WDR».
Offene Fragen zum Tathergang
Bislang bleibt unklar, ob Lorenz A. tatsächlich eine akute Bedrohung für die Polizisten darstellte, als die Schüsse fielen. Die Staatsanwaltschaft prüft weiterhin, ob das Messer in der entscheidenden Situation eine Rolle spielte.
Oder ob Lorenz A. lediglich verbal mit dem Tragen der Waffe gedroht habe.
Die Ermittler gehen davon aus, dass sich alle relevanten Zeugen bereits gemeldet haben: da der Fall grosse mediale Aufmerksamkeit erregt hat, so die «NWZ Online».