Deutsche Gemeinde will Praxis verschenken – kein Arzt meldet sich
In Deutschland kann eine Praxis gratis übernommen werden – mit vollständigem Equipment und genügend Patienten. Trotzdem findet sich kein Nachfolger.
Das Wichtigste in Kürze
- In Moosburg an der Isar (D) steht zurzeit eine Kinderarzt-Praxis leer.
- Die Suche nach einer Nachfolge war trotz optimalen Bedingungen bisher vergebens.
- Und das, obwohl die Stadt den Kaufpreis von 19'000 Franken sogar übernehmen würde.
Eine Praxis an zentraler Lage, gut vernetzt zu naheliegenden Grossstädten, mit vollständiger Ausstattung und grosser Patientennachfrage. Und das alles zum Preis von: null Franken, respektive Euro. Ein Traum, sollte man meinen.
Sollte – denn trotz genau dieser Bedingungen findet eine Kinderarzt-Praxis in Moosburg an der Isar (nördlich von München, DE) keine Nachfolge.
Seit mehreren Monaten ist die Praxis verwaist, wie der «Bayerische Rundfunk» berichtet. Trotz zahlreicher Werbeaktionen und tatkräftiger Mithilfe durch den Vermieter und Bürgermeister.
«Was soll ich denn noch mehr machen?»
«Es ist wirklich ein Fiasco», sagt letzterer. Seit fünf Jahren ist Josef Dollinger Bürgermeister von Moosburg.
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Der Kaufpreis für die Praxis mitsamt Equipment und kompletter Einrichtung beläuft sich lediglich auf 20'000 Euro (umgerechnet 19'000 Franken).
«Und diese 20'000 Euro würde die Stadt Moosburg übernehmen», erklärt Dollinger.
Das Angebot wurde weit gestreut. Über ihren Instagram-Kanal erreichte die Praxis teilweise sogar über vier Millionen Aufrufe. Mit verschiedensten Videos wurde auf die Dringlichkeit einer Nachfolge aufmerksam gemacht.
Und auch Vermieter Rudolf Heinz leistet seinen Beitrag: «Wir halten die Räumlichkeiten jetzt einige Monate frei, in der Hoffnung, dass wir einen Kinderarzt finden.»
Vergebens, denn bisher wollte kein Facharzt das Angebot wahrnehmen. Die Verzweiflung ist dem Bürgermeister anzumerken: «Was soll ich denn noch mehr machen? Einfacher könnte ein Praxisstart nicht sein.»
Nächste Praxen sind 30 Minuten Fahrt entfernt
Nicht nur finanziell würde sich das Angebot lohnen, auch Patienten gibt es in Moosburg genügend. Viele junge Familien bedauern das Schliessen der Praxis.
Eine Mutter ist besorgt: «Wenn natürlich Notfälle sind und man mit einem fiebernden Kind eine halbe Stunde nach Landshut fahren muss, ist das blöd.»
Die nächsten Kinderarzt-Praxen befinden sich 20 Kilometer entfernt.
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Und selbst da ist ein Termin nicht selbstverständlich: «Keiner wollte uns annehmen», erzählt eine andere Mutter. «Patientenstopp», hiesse es am Telefon.
Ärztemangel in ganz Bayern
Der Ärztemangel im 20'000-Seelen-Städtchen ist kein lokales Problem. In ganz Bayern bleiben immer mehr Praxen unbesetzt. Dies bestätigt auch Dominik Ewald vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte dem «Bayerischen Rundfunk». Im Umfeld von München habe man «früher nie eine Praxis bekommen oder nur sehr teuer».
Schuld daran seien zum einen der demographische Wandel. Zum anderen sei aber auch die Selbstständigkeit äusserst unbeliebt.
Tatsächlich gibt es schon erste Ansätze, wie man das Angebot von Kinderärzten auf dem Land wiederherstellen will. Ab Herbst soll die Landarztquote in Bayern auch auf Kinderärzte ausgeweitet werden. Dies wird bedeuten, dass auch ohne Spitzennoten Medizin studieren kann, wer sich anschliessend als Kinderarzt auf dem Land niederlässt.
Bis diese Massnahme erste Effekte zeigt, dürfte es jedoch noch einige Jahre dauern.
Auch in der Schweiz fehlen Ärzte
Nicht nur die Deutschen, auch die Schweiz kämpft mit Ärzte-Nachfolgern. Nau.ch berichtete etwa über Hausarzt Dr. Locher in Riggisberg BE, der 18 Monate lang erfolglos einen Nachfolger suchte.
Es ist ein Beispiel von vielen.
