EM-Eklat: Schweizer Politiker fordern Konsequenzen für Fecht-Team

Nicola Aerschmann
Nicola Aerschmann

Bern,

Die Schweizer U23-Fechter haben sich an der EM-Siegerehrung nicht zur israelischen Flagge umgedreht. Dafür ernten die jungen Sportler Kritik.

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Die Schweizer Fechter (l.) bleiben stehen, statt sich nach rechts zu drehen. - X

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Verhalten der Schweizer Fechter an der U23-EM sorgt für Wirbel.
  • Sie drehten sich bei der israelischen Hymne nicht wie üblich zu den Flaggen.
  • Dafür ernten die Sportler Kritik – aus Israel, aber auch aus der Schweiz.

An der U23-EM der Fechter holte sich das Schweizer Team die Silbermedaille. Einzig der israelischen Equipe mussten sich die Eidgenossen geschlagen geben.

Das hitzigste Gefecht wird nun aber nach dem Wettkampf ausgetragen. Grund dafür ist das Verhalten der Schweizer Fechter an der Siegerehrung. Sie drehten sich während der israelischen Hymne nicht wie üblich zu den gehissten Flaggen um, sondern blieben stehen.

Kritik aus Israel und aus der Schweiz

Israels Aussenminister Gideon Saar reagierte empört. Auf X schrieb er zu einem Bild des Podiums: «Schande über das Schweizer Team für das respektlose Verhalten.» Die Schweizer seien schlechte Verlierer und blamieren sich selbst und ihr Land, so Saar.

Und auch aus dem eigenen Land werden die Nachwuchs-Fechter mit Kritik eingedeckt. Die Aargauer Ständerätin Marianne Binder-Keller (Mitte) fordert auf X «Geschichtsnachhilfe» für die Sportler. Zudem spricht sie von «Antisemitismus».

Perparim Avdili, Präsident der FDP Stadt Zürich, fordert ebenfalls Konsequenzen. «Inakzeptables und vor allem unsportliches Verhalten», findet er.

SVP-Zuberbühler: Politische Botschaften haben im Sport nichts verloren

SVP-Nationalrat David Zuberbühler, der Mitglied der Freundschaftsgruppe Schweiz-Israel ist, sieht es ähnlich. Gegenüber Nau.ch sagt er: «Das Verhalten des Schweizer Fechtteams bei der Siegerehrung ist für mich völlig inakzeptabel und hat mich zutiefst verärgert.»

Als Schweizer Sportler auf der internationalen Bühne müsse man respektvoll und neutral auftreten.

David Zuberbühler.
SVP-Nationalrat David Zuberbühler. - keystone

An sportlichen Wettkämpfen haben solche politischen Botschaften nichts zu suchen, ist für Zuberbühler klar. «Solche Aktionen gefährden den Geist des Sports und ziehen unser Land in politische Konflikte hinein, aus denen wir uns als neutrale Nation bewusst heraushalten sollten.»

Vorsichtiger ist Zuberbühler beim Antisemitismus-Vorwurf. «Es ist schwierig, ohne genaue Kenntnisse der Motivation der Sportler abschliessend zu urteilen», sagt der Mann aus Appenzell-Ausserrhoden.

Klar sei aber, dass solche Gesten international schnell als antisemitisch wahrgenommen werden.

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Zuberbühler sagt deshalb: «Auch wenn die Absicht möglicherweise nicht offen antisemitisch war, ist die Wirkung extrem problematisch und schadet dem Ansehen der Schweiz.»

Er fordert: Der Vorfall müsse Konsequenzen haben.

Binder-Keller erklärt Antisemitismus-Aussage

Laut Marianne Binder-Keller kann man durchaus von Antisemitismus sprechen, wie sie gegenüber Nau.ch ausführt: «Wäre der Protest einfach ein allgemeiner Protest gegen den Krieg im Nahen Osten, dann stellt sich die Frage, ob die Fechter sich bei jeder Konfliktpartei und jedem Konflikt so verhalten würden.»

Aus der Sicht von Binder-Keller ist die Frage, ob man Israel anders behandelt, genau der Punkt. Wichtig ist: Die Mitte-Frau unterstellt den Fechtern nicht bewussten Antisemitismus. Sie hätten wohl einfach unbedacht gehandelt.

Gaza
Israelische Soldaten im Gazastreifen. - keystone

Kritik an der israelischen Regierung sei nicht heikel, sagt Binder-Keller weiter. Letztlich könne diese in jeder Demokratie an jedem demokratisch gewählten Politiker angebracht werden.

«Abgesehen davon, dass die Protestnote grundsätzlich nicht an die Siegerehrung gehört», so Binder-Keller. Heikel sei aber, wenn man Israel auf die Stufe der Hamas, die Israel am 7. Oktober grausam überfallen hat, stelle.

Zum konkreten Fall der Fechter sagt Binder-Keller: «Es war ein wirklich unbedachtes Verhalten von erfolgreichen jungen Sportlern.»

Sie fordere schon lange und generell mehr Aufklärung zur jüngeren Geschichte und zur Zeitgeschichte, so die Ständerätin. Die Sportverbände stehen diesbezüglich auch in der Verantwortung, ist für Binder-Keller klar.

Verbandspräsident: Fechter wollten sich nicht antisemitisch äussern

Den Antisemitismus-Vorwurf streitet man bei den Schweizer Fechtern ab.

Gegenüber der «NZZ» sagte Max Heinzer, Präsident des Verbands Swiss Fencing: «Die vier jungen Menschen sind am Sonntag in Zürich gelandet – und am Boden zerstört wegen des Aufruhrs, den sie verursacht haben.»

Max Heinzer
Max Heinzer, früher selbst erfolgreicher Fechter, präsidiert mittlerweile Swiss Fencing. - keystone

Die Fechter hätten ihren Protest gegen den Nahost-Konflikt ausdrücken wollen. «Sie dachten wohl, sie täten etwas Gutes. Sie wollten sich ganz sicher nicht antisemitisch äussern. Es ging ihnen nicht um eine Kritik an den Menschen, sondern an der Politik Israels», so Heinzer.

Ob es Konsequenzen gibt, bleibt offen. Heinzer sagt: «Wir werden mit den Athleten an einen Tisch sitzen und viel besprechen müssen.»

Fechter erhalten auch Zuspruch

Es gibt aber auch Stimmen, die das Verhalten der Schweizer Fechter verteidigen. Beispielsweise argumentieren User auf X, dass es richtig sei, Israel für das Vorgehen in Gaza zu kritisieren.

Als neutrales Land sollte man kriegerische Handlungen generell ablehnen, schreibt eine Userin beispielsweise. Entsprechend dürfe man diesen Ländern sehr wohl zeigen, dass man gegen ein solches Verhalten sei.

Kommentare

User #4863 (nicht angemeldet)

Wieviele Empörte haben überhaupt schon einmal einen Fechtwettkampf live vor Ort miterlebt? Dann wäre es ihnen zumindest möglich, die Unbedeutung dieser medial überhöhten Sportart in etwa einzuordnen.

User #6187 (nicht angemeldet)

Haben diese 4 Neuweisen am 7. Oktober auch demonstriert? Lizenzen entziehen, grober Missbrauch der Position und Mission als Sportler einer offiziellen Nationalmannschaft.

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