Wenn sogar das lustige «Drag-Bingo» eine Gefahr sein soll!

Verena E. Brunschweiger
Verena E. Brunschweiger

Zürich,

Die LGBT-Community beeinflusse zu stark die «normalen» Leute. Über diesen Vorwurf muss Kolumnistin Verena Brunschweiger lachen. Lustig ist es aber nicht.

Drag Queen Meryl Deep.
Eine Gefahr für die Gesellschaft? Wohl kaum. Hier Dragqueen Meryl Deep. - Christoph Reichwein/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Verena Brunschweiger schreibt auf Nau.ch monatlich eine LGBT-Kolumne.
  • Diesmal geht es um die Hetze gegen Drag-Shows, Pride-Paraden und Song-Contests.

In Ungarn setzte Viktor Orbans erzreaktionäre Regierung trotz massiver Proteste ein Verbot von Pride-Paraden durch.

Und Donald Trumps radikaler Kahlschlag, was LGBT-Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in den USA betrifft, entfaltet Vorbildwirkung: Da verschwinden plötzlich Fotos aus Archiven – und die Geschichte wird wieder nonchalant umgeschrieben.

Hass auf den Erfolg am ESC

Damit man nur ja nicht erwähnen muss, dass dieser oder jener beispielsweise militärische Erfolg einem Homosexuellen zu verdanken ist.

Auf der anderen Seite freut man sich in der Schweiz, dass Nemos Sieg den Eurovision Song Contest ins Land geholt hat. Aber wie immer in solchen Fällen freuen sich halt leider nicht alle.

Hast du dich über Nemos Triumph am ESC gefreut?

Erinnern wir uns an Conchita Wurst, die 2014 den Wettbewerb gewann. Der Erfolg brachte homophobe Menschen nicht nur in ihrer österreichischen Heimat auf die Palme, sondern auch in vielen osteuropäischen Ländern wie Polen oder Russland.

eurovision song contest
Travestiekünstler Conchita Wurst holte sich 2014 am Eurovision Song Contest in Dänemark den Sieg. - Keystone

FPÖ, AfD und in der Schweiz die SVP

Parteien wie die FPÖ in Österreich, die AfD in Deutschland oder die SVP in der Schweiz sind bekanntlich immer ganz vorn mit dabei, wenn es darum geht, Leute zu diskriminieren. Personen, deren Sexualität von ihrer konservativen binären Ausrichtung abweicht.

Im März diffamierte Manfred Haimbuchner, stellvertretender FPÖ-Landeshauptmann in Oberösterreich, die neue Regierung auf krass homophobe und transfeindliche Art.

Auch in der Schweiz, als 2022 endlich die Ehe für alle eingeführt wurde, kam der Widerstand dagegen natürlich in erster Linie aus dem rechten Lager.

«Dagegen müssen wir kämpfen»

Kleine Fussnote: In Massachusetts feierte man 2024 das zwanzigjährige Jubiläum der gleichgeschlechtlichen Ehe. Meine Freundin verheiratete im Mai 2004 in ihrer Funktion als «Justice of the Peace» zahlreiche lesbische und schwule Paare.

Brunschweiger
Verena Brunschweiger schreibt regelmässig Kolumnen auf Nau.ch. - zVg

Sie schildert diese Zeit als eine der wunderbarsten in ihrem ganzen Leben. Die Euphorie muss ganz unbeschreiblich gewesen sein.

Aber mit den schönen Zeiten auch für Leute ausserhalb der Heteronormativität soll es ja jetzt global zu Ende gehen. Dagegen müssen wir kämpfen!

Hetze gegen die LGBT-Community

Besonders perfide ist, dass ihre angeblich so geliebten Kinder von den Politikern von SVP, FPÖ und AfD multipel instrumentalisiert werden.

Neue Konsumenten, neue Lohnsklaven, neue Rentenzahler, neue Soldaten, klar. So weit, so nachvollziehbar (in deren Logik).

Wie man aber unter anderem auf Wahlplakaten in Bayern sehen konnte, werden sie auch benutzt, um gegen die LGBT-Community zu hetzen.

Dies auf eine Art und Weise, die einem die Haare zu Berg stehen lässt: Da sieht man eine hübsch gestylte Dragqueen, die den Arm nach einem Kleinkind ausstreckt. Wie infam ist das denn?!

Angebliche Beeinflussung von Kindern ist lächerlich

Wenn Queen Amy Strong zum amüsanten Drag-Bingo einlädt, ist das eine Veranstaltung ab 18 Jahren. Man fragt sich schon, wie man da eine Verbindung konstruieren kann.

An der angeblichen und so gefürchteten Beeinflussung von Kindern haben die Queens für gewöhnlich keinerlei Interesse. Und es ist schon unglaublich infam, wie man diese kleine, völlig harmlose Gruppe für all das zu framen versucht.

Queen Amy Strong
Queen Amy Strong. - Instagram

Was vonseiten der Heteromänner (vor allem von den werten Vätern!) auf Kinder einprasselt ist: Vergewaltigung und Missbrauch durch den eigenen Vater, durch Stiefväter, durch andere männliche Verwandte. DA sollte man mal ansetzen!

Man denke an Familienväter wie den Österreicher Josef Fritzl, der mit der eigenen Tochter eine weitere Familie gründete. Das sind Ausnahmen, richtig. Aber sie existieren und sooo selten sind sie dann auch wieder nicht.

Aber der extremen Rechten ist nichts zu weit hergeholt. Da sind es eben immer und ausschliesslich die Flüchtenden, die sich an blonden Frauen vergreifen. Die Dragqueens, die Kinder belästigen und so weiter und so fort.

Wie eintönig wäre unsere Welt?

Die LGBT-Community beeinflusse zu stark die «normalen» Leute, ist ein klassischer Vorwurf von Leuten, die nicht kapieren, dass auch ihre scheinbar so zeitlosen Normen gesetzt und gemacht sind.

Nervst du dich über Drag-Shows und Pride-Paraden?

Und nur dadurch zur Norm werden, dass sich die meisten widerstandslos unterwerfen und sie tausendfach wiederholen, bis man sich gar nichts anderes mehr vorstellen kann.

Und da liegt der Hase im Pfeffer. Wie eintönig und langweilig wäre unsere Welt ohne den Regenbogen und all seinen Glitzer und seine Farben?

Drag-Shows und Pride-Paraden

Das «Big Gay Musical» bringt es herrlich auf den Punkt: Adam und Eve sind in der Wüste daheim, produzieren Kinder und fristen ein insgesamt eher freudloses Leben. Während Adam und Steve sich an Musik, Mode und Kunst erfreuen. Und zeigen, dass genau diese fortgeschrittene Stufe uns erst zu Menschen macht.

Wenn wir das Viehische hinter uns lassen und die Kultur feiern, die uns als menschliche Persönlichkeiten auszeichnet.

Und zu der gehören Drag-Shows, Pride-Paraden und Song-Contests mit nicht-binären Teilnehmenden ganz unverzichtbar dazu.

Zur Person: Dr. Verena E. Brunschweiger, Autorin, Aktivistin und Feministin, studierte Deutsch, Englisch und Philosophie/Ethik an der Universität Regensburg. 2019 schlug ihr Manifest «Kinderfrei statt kinderlos» ein und errang internationale Beachtung.

Kommentare

User #2799 (nicht angemeldet)

Leben, und leben lassen. Passt es nicht, grenzt man sich ab, ohne Gemotze, fertig. Conchita mit Nemo zu vergleichen, naja, dass C. die weitaus bessere Stimme hat, ist klar.

DiVa M.

Und sie hat wieder eine Kolumne geschrieben, die darauf aus ist gegen Parteien zu hetzen.

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