Schweizer müssen ins Hotel – Easyjet zahlt trotz Verspätung nicht
Zwei Freunde fliegen mit Easyjet aus Spanien zurück in die Schweiz. Der Flug hat Verspätung, sie bleiben am Flughafen hängen. Und nun auf den Kosten sitzen.

Das Wichtigste in Kürze
- Wer nach einem verspäteten Flug am Flughafen strandet, wird nicht immer entschädigt.
- Passagiere müssen erst nach einer bestimmten Verspätung entschädigt werden.
- Dies selbst dann, wenn durch die Verspätung Zusatzkosten entstehen.
Wieder Ärger mit Verspätungen bei Easyjet!
Das ist passiert: Zwei Freunde aus dem Bernbiet reisen kurz vor Ostern gemeinsam in den Süden, um erste Sonnenstrahlen zu tanken.
Bei der Rückreise aus Spanien jedoch folgt die böse Überraschung, erzählen sie gegenüber Nau.ch. «Wir standen noch an der Sicherheitskontrolle. Da informierte uns Easyjet darüber, dass unser Flug wohl eine Stunde Verspätung hat.»
Das Problem: Der Flug der Freunde landet sowieso schon spät in Genf. Der letzte Zug nach Hause Richtung Bern fährt etwas mehr als eine Stunde nach der Landung.
Schon vor dem Boarding 90 Minuten Verspätung
«Uns war klar, dass es knapp werden würde, wenn der Flug tatsächlich eine so grosse Verspätung hat. Aber wir haben damit gerechnet, dass es schon reichen wird.»
Vorsorglich Freunde oder Familie zum Abholen an den Flughafen Genf bestellen, wollen sie nicht. Denn es ist ein Wochentag, Freunde und Bekannte müssen am nächsten Tag zur Arbeit.
Doch die Zeichen stehen schlecht für die Schweizer Touristen: Als ihr Flugzeug aus einer anderen Destination endlich in Spanien landet, hat es bereits 90 Minuten Verspätung. Dies, bevor die Freunde überhaupt einen Fuss reinsetzen können.
Dann zieht sich auch noch das Boarding in die Länge. Mit zwei Stunden Verspätung fliegen sie schliesslich ab in Richtung Genf.
Viele ahnen da schon Böses.
«Noch vor dem Start haben sich Passagiere darüber informiert, ob man eine Entschädigung von Easyjet verlangen kann», erzählen die Berner. «Und genau wie wir wussten viele nicht, wie sie noch nach Hause kommen sollen.»
Sie landen schliesslich mit fast zwei Stunden Verspätung in Genf. Der letzte Zug nach Hause ist weg. Die Schweizer müssen sich ein Hotel nehmen. Kostenpunkt: 150 Franken.
Doch: Die Billig-Airline denkt nicht daran, das Hotelzimmer zu bezahlen!
Bei höherer Macht zahlt Easyjet nicht
Der Ombudsman der Schweizer Reisebranche, Walter Kunz, weiss, warum: «Es gibt genaue Regelungen – auch für kürzere Flugverspätungen.»

«Allerdings gibt es Ausnahmeregelungen, wenn höhere Macht im Spiel ist. Dann wird die Entschädigungszahlung für die Fluggesellschaften hinfällig», so Kunz.
Genau diese gibt es jedoch im Fall der zwei Freunde nicht. Denn: Der Flug hatte Verspätung, weil aufgrund eines technischen Defekts das Flugzeug getauscht werden musste. Höhere Macht ist das nicht.
Doch wie genau sieht die Regelung aus? Bekommt man wirklich erst nach einer gewissen Verspätung Geld zurück?
Geld gibts ab über zwei Stunden Verspätung
«Ja», erklärt Flugrechtsexperte Simon Sommer, der bei «cancelled.ch» als Jurist tätig ist. «Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht klar vor, in welchen Konstellationen eine Entschädigung geschuldet ist.»
Konkret: Bei einem Kurzstreckenflug unter 1500 Kilometern müsse die Fluggesellschaft ab einer absehbaren Abflugverspätung von mehr als zwei Stunden zahlen.
«Dies umfasst Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit. Und falls nötig eine Hotelunterkunft sowie einen Transport zwischen Hotel und Flughafen, falls die Verspätung über Nacht dauert.»
Des Weiteren müsse eine Airline in solchen Fällen dafür sorgen, dass Passagiere kostenlos kommunizieren können, so Sommer. Beispielsweise telefonieren oder E-Mails versenden.
Je länger die Flugstrecke, desto mehr Entschädigung
Dazu kämen noch die Entschädigungen für die Verspätung an sich.
Sommer rechnet vor: «Diese beträgt bei Kurzstreckenflügen bis 1500 Kilometer und einer Verspätung von drei Stunden am Zielflughafen 250 Euro. Das sind umgerechnet zirka 235 Franken.»

Bei Mittelstreckenflügen zwischen 1500 und 3500 Kilometern werde man nach drei Stunden Verspätung mit 400 Euro abgefunden. Das sind etwa 375 Franken.
«Bei Langstreckenflügen, die länger als 3500 Kilometer sind, muss die Verspätung vier Stunden betragen. Dann erhält man 600 Euro, also ungefähr 560 Franken.»
Fluggesellschaft muss zahlen, wenn man nicht mehr heimkommt
Die beiden Berner überlegten sich in Genf, einen Mietwagen oder ein Taxi nach Hause zu nehmen. Aber haben die Idee schliesslich verworfen, berichten sie.
«Wir waren einfach müde. Da wir am nächsten Tag beide noch arbeitsfrei hatten, haben wir in einem Flughafenhotel eingecheckt.»
Trotz Zusatzübernachtung gibt es kein Geld zurück
Dass Easyjet nicht für ihr 150-Franken-Hotel bezahlen will, liegt an der Dauer der Verspätung.
Diese habe nur eine Stunde und 54 Minuten betragen, schreibt Easyjet den Freunden. Und eben nicht drei Stunden. Aus diesem Grund sei man nicht verpflichtet, die Übernachtungskosten zu übernehmen.

«Eine Frechheit», finden die Bernbieter. «Wegen etwas mehr als einer Stunde bleiben wir nun auf den Kosten für unsere Übernachtung sitzen.»
Dazu sagt Easyjet auf Nachfrage von Nau.ch nur: «Wir nehmen unsere Verantwortung bei Flugverspätungen sehr ernst. Und werden berechtigten Passagieren immer eine Entschädigung zahlen, wenn sie einen Anspruch bei uns geltend machen.»