Migros: Mutter klagt über Öko-Chaos bei Schoggi
Eine Baslerin will mit ihrer Tochter in der Migros eine nachhaltige Schokolade kaufen. Doch die vielen Labels verwirren sie.

Das Wichtigste in Kürze
- Mit Labels wie Max Havelaar hat eine Kundin zu kämpfen.
- «Bei den Fairtrade-Labels sollten die Supermärkte mehr Ordnung schaffen», sagt sie.
- Der Migros scheint das Problem bewusst zu sein.
Die Ufzgi der Tochter hat Mareike Ahlers Kopfzerbrechen bereitet.
«Ich war selbst völlig überfordert bei der Analyse der unterschiedlichen Labels im Kontext Nachhaltigkeit.» Darüber lässt sich die Mutter in einem Linkedin-Post aus.
«Max Havelaar, UTZ Certified, Rainforest Alliance, Bio», zählt sie auf. «Und dann haben auch noch zwei unterschiedliche Schoggi-Marken mit gleichem Fairtrade-Label einen Preisunterschied von über drei Franken.»
Dabei wollte Ahlers mit ihrer Tochter in einer Basler Migros-Filiale nur rasch über Mittag eine nachhaltige Schokolade aussuchen.
Diese sollte sie am Nachmittag in den Unterricht mitnehmen. Aktuell nimmt die Sechstklässlerin im Unterricht das Thema Schokolade durch.
«Kann doch nicht eine Stunde einplanen»
Mit Sicherheit hätten die meisten Nachhaltigkeits-Labels ihre Daseinsberechtigung, schreibt Mareike Ahlers im Post. Man schaffe es aber nicht, den Kundinnen und Kunden dies einfach und klar zu vermitteln.
Sie fragt deshalb: «Wie können wir dann nachhaltigen und verantwortungsbewussten Konsum erwarten?»

Gegenüber Nau.ch erklärt die Kundin das Label-Chaos genauer.
Habe eine Schokolade ein Bio-Label, kämen Zweifel auf, sagt sie. «Heisst das dann, dass die Produktion Bio ist, dahinter aber eine schreckliche Lieferkette stecken kann?»
Ahlers ist der Meinung, dass der Einkauf frustrierend sein kann, wenn man dabei extra auf nachhaltige Schokolade achte. «Ich kann doch nicht eine Stunde einplanen, um nachhaltige Schokolade zu finden.»
Labels hin oder her: Schlussendlich landeten bei Ahlers zwei Tafeln in ihrem Einkaufskorb. «Ich sagte meiner Tochter, sie solle eine günstige und eine teure Schoggi zum Test nehmen», so die Mutter.
Die eine Schokolade sei von M-Budget gewesen, die andere von der Marke Frey.
Mutter mit Kritik nicht allein
Das Angebot kritisiert sie auch aus professioneller Warte. Ahlers arbeitet als Strategieberaterin unter anderem für Nachhaltigkeit. «Bei den Fair-Trade-Labels sollten die Supermärkte mehr Ordnung schaffen.»

Der Post der Mutter hat über 200 Likes geerntet.
Eine Userin stimmt zu: «Absolut, Labels sollten zur Vereinfachung der Konsumentenentscheidungen führen», antwortet diese. Allerdings stünden uns dafür oft nicht genug leicht zugängliche Informationen zur Verfügung.
Eine Kundin sieht dasselbe Problem bei den Kaffee-Labels. Ein User glaubt zu wissen, warum Supermärkte keinen klaren Überblick bieten.
«Ein BWL-Grundgesetz besagt, dass in einem voll transparenten Markt niemand Geld verdienen kann», kommentiert er. «Also, je weniger Transparenz und Übersichtlichkeit, desto mehr Profit.»
Migros will Information «noch zugänglicher machen»
Der Migros scheint das Problem mit dem Label-Chaos bewusst zu sein.
Sprecher Thomas Ochsenbein sagt zu Nau.ch: «Wir arbeiten kontinuierlich daran, die Präsentation zu verbessern und die Informationen für unsere Kunden noch zugänglicher zu machen.»
Die Labels sind laut Ochsenbein prominent auf den Produkten angebracht. Damit gewährleiste der Supermarkt Transparenz und kommuniziere die Informationen über die Nachhaltigkeit klar.
«Dieses Vorgehen ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Engagements für Nachhaltigkeit und Kundenorientierung.»
Der Mediensprecher macht auf die verschiedenen Faktoren der Nachhaltigkeit aufmerksam. Bei der Produktion von Kakao seien dies zum Beispiel Arbeitsbedingungen, Pestizideinsatz oder die Rodung von Wäldern.
Anhand der Nachhaltigkeitslabels soll die Kundschaft die erfüllten Standards nachvollziehen können. Ochsenbein: «Diese internationalen Labels sind glaubwürdig und erlauben mit ihrer breiten Verwendung einen Vergleich der Produkte.»
Internationale Labels
Rainforest Alliance, Fairtrade Max Havelaar und Migros Bio heissen die Nachhaltigkeitslabels des Grossverteilers. Das UTZ-Zertifizierungsprogramm läuft seit 2020 auch unter der Rainforest Alliance.
Die Migros begründet diese Wahl damit, dass Kakao ein global gehandeltes Produkt ist. Darum setze sie auf bekannte, internationale Labels.
Zudem weise die Migros auch online auf eigene Programme hin. Dazu zählt etwa die Necaayo-Schokolade von Frey.
Das Ranking «Chocolate Scorecard» bewertet Unternehmen jährlich nach verschiedenen Kriterien wie Transparenz, Kinderarbeit und Pestizideinsatz. Die Migros belegt aktuell Rang zwei.
Coop-Eigenmarken alle «mindestens Fairtrade»
An der Spitze des Rankings steht Coop. Nachhaltige Schokolade kennzeichnet der Grossverteiler mit der Knospe von Bio Suisse und dem Fairtrade-Label Max Havelaar.
Die Knospe von Bio Suisse ziele auf die strengen ökologischen Produktionsrichtlinien ab, sagt Coop-Mediensprecher Kevin Blättler zu Nau.ch.
Bei Max Havelaar handle es sich um Produkte aus dem Weltsüden aus fairem Handel sowie Massnahmen für mehr Umweltschutz. Durch diese Labels erkennt die Kundschaft laut Blättler nachhaltig produzierte Schokolade auf einen Blick.
Coop sieht bei der Präsentation des Schokoladen-Angebots keinen Anpassungsbedarf. Alle Schokoladen der Coop-Eigenmarken seien «mindestens Fairtrade zertifiziert», sagt der Mediensprecher.
«Dies macht es für die Kundinnen und Kunden einfach.»