Trotz Zielvorgaben stellt der Bund praktisch keine Ukrainerinnen an
Der Bundesrat möchte möglichst viele Personen mit Schutzstatus S in den Arbeitsmarkt integrieren. Er selbst geht nicht mit gutem Beispiel voran.

Das Wichtigste in Kürze
- Ziel ist, dass 45 Prozent der Personen mit Schutzstatus S einen Job haben.
- Beim Bund wäre Potenzial da, doch nur sehr wenige ukrainische Flüchtlinge sind angestellt.
Der Bundesrat hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis Ende Jahr sollen 45 Prozent der aus der Ukraine geflohenen Menschen einen Job haben. Es scheint aber unwahrscheinlich, dass dieses Ziel erreicht wird.

Aktuell sind nur etwa ein Drittel der 70'000 Personen mit Schutzstatus S beschäftigt. Schon das Ziel für Ende 2024 von 40 Prozent wird damit weiterhin verfehlt. Das liegt zumindest teilweise aber auch am Bund selbst, als Arbeitgeber für rund 45'000 Personen.
Breites Spektrum an Berufen beim Bund
Beauftragter des Bundes für die Arbeitsmarktintegration der Schutzsuchenden ist Adrian Gerber. Er ist aktiv dabei, Unternehmen zu überzeugen, Ukrainerinnen und Ukrainer einzustellen. Aber was tut eigentlich der Bund selbst? Als einer der grössten Arbeitgeber des Landes könnte er doch auch einen Beitrag leisten.

Die Zehntausenden von Menschen arbeiten beim Bund in den verschiedensten Berufen. Vom A wie Automechaniker bis Z wie Zollfachmann. Doch die wenigsten davon sind Flüchtlinge aus der Ukraine.
Bundesverwaltung als potenzieller Arbeitgeber
«Auch der Staat ist als Arbeitgeber gefordert», sagt Gerber auf Nachfrage von «CH Media». Laut Angaben des Eidgenössischen Personalamts sind jedoch aktuell nur sechs Personen mit Schutzstatus S beim Bund angestellt. In welchen Berufen sie arbeiten, ist nicht bekannt, doch sind auch zwei Lehrlinge darunter.
Immerhin: Gerber berichtet von «Bemühungen um Rekrutierungen» in den einzelnen Verwaltungseinheiten. Allerdings gibt es keinen konkreten Zielwert oder eine interne Stellenbörse.
Mit ein Grund für die bislang spärliche Ausbeute bei der Rekrutierung von Status-S-Flüchtlingen: Die sprachlichen Anforderungen in der Bundesverwaltung. Für viele der Stellen muss man mindestens zwei Landessprachen sprechen, nebst spezifischen fachlichen Kompetenzen, die ebenfalls vorhanden sein sollten.
Ausbildung als Alternative
Gerber betont, dass Ausbildungsverhältnisse häufiger sind als Anstellungen. Drei weitere ukrainische Flüchtlinge sollen im Sommer ihre Lehre in der Bundesverwaltung beginnen. Eine Person wird eine einjährige Integrationsvorlehre starten. Bereits letztes Jahr hat eine Person mit Schutzstatus S eine solche Vorlehre beim Bund abgeschlossen.

Nationalrätin Nina Schläfli (SP/TG) würde sich über verstärkte Bemühungen des Bundes freuen: «Es ist wünschenswert, dass der Bund als gutes Vorbild vorangeht», sagt sie. Sie anerkennt die Herausforderungen, da viele Bundes-Jobs hohe Qualifikationen bedingen, merkt aber an: «Es gibt auch sehr viele Hochqualifizierte unter den Geflüchteten».
Zukünftige Pläne des Bundes
Schläfli begrüsst die Massnahmen des Bundes, die zur Arbeitsmarktintegration der Schutzsuchenden beitragen sollen. So plant der Bund plant unter anderem eine Lockerung der Regeln für den Kantonswechsel, falls ein Job dies bedingt. Die Änderung tritt allerdings frühestens Ende 2026 in Kraft.
Zudem prüft der Bund Sanktionen gegen Kantone, die bei der Arbeitsmarktintegration nicht ausreichend vorankommen. Aber auch gegenüber den ukrainischen Flüchtlingen will die Regierung strenger werden und sie zur Teilnahme an Integrationsmassnahmen verpflichten.

Der Nationalrat und SVP-Asylchef Pascal Schmid begrüsst diese Pläne gegenüber «CH Media»: «Es wäre an der Zeit, seitens Bund nicht nur Ziele zu setzen und runde Tische zu veranstalten», betont er. «Sondern gegenüber arbeitsfähigen, aber nicht arbeitenden Ukrainern endlich klare Forderungen aufzustellen und Sanktionen ins Auge zu fassen.»
Beim Bund braucht es aus Schmids Sicht nicht noch Ukrainer, denn Staatsangestellte gebe es schon genug. Doch die Privatwirtschaft könne profitieren, angesichts des Fachkräftemangels. Wichtig ist ihm, dass der Status S rückkehrorientiert bleibt.