SBB macht jetzt Essen schmackhaft – der Bestseller ist ...
Die SBB wirbt in der 1. Klasse neuerdings proaktiv für Würstli, Ghackets und Co. Aufgetischt wird auch in normalen Wagen. Die Meinungen sind geteilt.

Das Wichtigste in Kürze
- In normalen 1.-Klasse-Wagen liegen neu Speisekarten auf.
- Die SBB verkauft proaktiv Würste, Butterbrezel und Schinkensandwiches.
- Die Meinungen zu der neuen Karte gehen auseinander – aus verschiedenen Gründen.
Die SBB will ihr Wurst-Geschäft ankurbeln: Seit wenigen Wochen liegen auch in normalen Wagen Menükarten auf – nicht mehr nur im Speisewagen.
In der 1. Klasse verkauft die Bahnbetreiberin jetzt Würstli «mit Brot und Senf», Schinkensandwiches, Brezel und Co.
Die Neuerung gibt es, seit die SBB Ende März ihre Menükarte gewechselt hat, wie Sprecherin Fabienne Thommen zu Nau.ch sagt.
«Die Mitarbeitenden des SBB-Restaurants legen die Menükarten auf, sofern sie Kapazität haben.»
Rentieren Speisewagen nicht?
Der Grund für die Neuerung: «Wir möchten unseren Gästen das Speisewagen-Angebot bekannt und auf das SBB-Restaurant aufmerksam machen.»
Verkauften sich die Menüs bisher etwa zu wenig? Bis vor ein paar Jahren gab es immer wieder Berichte über Verluste in der Bahngastronomie.
Keinesfalls, betont SBB-Sprecherin Thommen auf Anfrage: «Das Gastronomie-Angebot wird von unseren Kundinnen und Kunden sehr geschätzt. Wir konnten unsere Profitabilität in den letzten Jahren leicht steigen.»
Auch der Service, in der 1. Klasse gleich «am Platz» bedient zu werden, werde «geschätzt und genutzt». Diesen könne die SBB aber nur anbieten, wenn die Mitarbeitenden Kapazität haben.
Das beliebteste Menü auf der erweiterten Speisekarte, auf die man via QR-Code gelangt, sei «Ghacktes mit Hörnli» (23.50 Franken).
Knigge-Expertin mahnt bei warmen Speisen zur Rücksicht
Dass warme Speisen in der 1. Klasse aufgetischt werden, bringt auch Gerüche mit sich. Knigge-Expertin Susanne Abplanalp mahnt bei Nau.ch: «Ich selber würde eher einen kalten Snack und ein Getränk bestellen als eine warme Speise.»
Da sei Rücksicht angebracht. Trotzdem findet sie das neue Angebot der SBB «toll».
Denn: «Es ist für mich viel angenehmer, vom Personal bedient zu werden, als kurz vor Abfahrt am Kiosk anzustehen.»
Und gibt zu bedenken: «Gehacktes mit Hörnli riecht weniger stark als Döner und Hamburger, die von Reisenden oft als Take Away mitgebracht werden. Es ist für andere Gäste störend, wenn stark riechende Speisen im Wagen konsumiert werden.»
Vegis kritisieren neue Karte der SBB
Weniger begeistert von der neuen Karte sind Vegetarierinnen und Veganer. Allerdings nicht wegen möglicher Gerüche während der Fahrt.
Damaris Bölsterli vom Vegi-Verein Swissveg stört sich vor allem am Inhalt der neuen Karte. Sie bestehe «überwiegend aus Fleischgerichten».
Dieses Angebot findet sie «bedenklich». Es sei ein «Widerspruch zu den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen hin zu einer pflanzlichen Ernährung» angesichts des Klimawandels.

Tatsächlich: Auf der Papierkarte enthalten die Gerichte für den grösseren Hunger – die Wurst und das Schinkensandwich – beide Fleisch. Vegetarisch sind die Brezel und das Gipfeli.
Scannt man den QR-Code auf der Karte, gelangt man zur digitalen, grossen Menükarte. Die Hauptspeisen darauf neben Ghackets mit Hörnli sind ein Poulet-Curry und ein Wurst-Käse-Salat.
Dazu gibt es je ein veganes und ein vegetarisches Gericht. Hier sind also die Fleischgerichte in der Mehrzahl.
Kaffee gibts neu mit Hafermilch
Für Bölsterli unzureichend, wie sie sagt. «Die SBB sollte sich ihrer Verantwortung bewusst sein und proaktiv mehr vegetarische und vegane Optionen anbieten.»
Immerhin: Der Verein lobt die SBB dafür, dass sie neuerdings Hafermilch im Sortiment hat. «Wir hoffen, dass das der Anfang eines umfassenderen Wandels hin zu einer nachhaltigeren Verpflegung ist.»
SBB-Sprecherin Thommen betont, dass bereits verschiedene vegane und vegetarische Speisen im Angebot seien. Man wolle nachhaltigere Ernährung fördern und für jeden Geschmack etwas bieten.
Laut Thommen wird das Menü zudem viermal jährlich angepasst, um «saisonale und regionale Produkte zu berücksichtigen».