Reuss als Rechtsperson? Jetzt kommt Bewegung in die Sache
Die Natur habe keine Rechte. Dies monieren die Initianten der «Reuss-Initiative». Sie fordern unter anderem für den Fluss Reuss den Status einer Rechtsperson.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Fluss Reuss und andere Gewässer haben in der Schweiz keine Rechtspersönlichkeit.
- Eine kantonale Volksinitiative, die in Luzern lanciert wurde, will dies ändern.
- Es brauche eine neue Balance mit der Natur, sagt Komitee-Mitglied Rahel Estermann (Grüne).
Menschen haben Grundrechte. Bei Verletzung dieser können sie vor Gericht dagegen klagen.
Diese Option haben dabei keineswegs nur menschliche Wesen. Öffentlich-rechtliche Anstalten sowie Unternehmen können sich ebenso zur Wehr setzen.
Der Natur bleibt dies hierzulande verwehrt. Ein Zustand, den eine Volksinitiative nun hofft, ändern zu können.

Am Wochenende wurde diese vom Verein Rechtsperson Reuss und Unterstützenden offiziell lanciert.
Sie fordert: Grundrechte und Rechtspersönlichkeit für die Reuss sowie alle öffentlichen Gewässer im Kanton Luzern.
«Unsere Reuss-Initiative ist pragmatisch und visionär zugleich», sagt Grünen-Kantonsrätin Rahel Estermann bei einem Medienanlass. Das Vorhaben wird von der Kantonspartei befürwortet. Estermann ist Teil des Initiativkomitees.
Es sei selbstverständlich, dass die Natur Interessen habe, die es zu verteidigen gilt – genau wie Menschen, Firmen und Vermögen.

Das Visionäre bestehe darin, dadurch das Weltbild zu verändern und der Natur einen gleichwertigen Platz zu geben.
Die Politikerin betont dabei die zunehmende Ausbeutung durch den Menschen in der jüngsten Vergangenheit. Es müsse eine neue Balance mit der Natur gefunden werden.
«Ein gutes Gewässerschutzgesetz nützt nicht viel, wenn sich die Gewässer nicht darauf berufen können», erklärt Markus Schärli. Er ist der Präsident des Vereins Rechtsperson Reuss.

Es sei «schlicht und einfach ungerecht», die Natur aus dem Rechtssystem auszuschliessen, so Schärli.
Wer würde den Fluss überhaupt vertreten?
Mit Blick auf die allfällige Umsetzung einer solchen Idee gibt es noch das ein oder andere Fragezeichen. Schliesslich kann ein Fluss nicht selbst klagen.
Die Initiative zeigt sich da offen. Grundsätzlich wolle man die konkrete Ausarbeitung einer Vertretung dem Parlament überlassen. Man verlange lediglich, dass Gewässer wirksam und unabhängig vertreten werden.

Schon vor einem Jahr sagte Markus Schärli dazu im Interview mit Nau.ch: «Meine Idee wären Organe, so könnte man von etwas profitieren, das es bereits im Rechtssystem gibt. Unternehmen haben Organe, die Entscheide fällen und die Verantwortung tragen.
Dieses System sowie Mechanismen, wie diese Organe kontrolliert werden können, sind bekannt – damit sie nicht plötzlich im eigenen Interesse handeln.
So kontrolliert beispielsweise die Finma die Organe der Banken. Daher finde ich das eine gute Option.»
Fluss als Rechtsperson nicht ganz neu
Es wäre keine Weltneuheit, sollten der Reuss und den anderen Gewässern im Kanton Luzern irgendwann mal diese Rechte eingeräumt werden.
Berühmtestes Beispiel ist wohl der Whanganui-Fluss in Neuseeland, der 2017 eine Rechtspersönlichkeit erhielt. Auch in Ecuador und Spanien gibt es Beispiele.

Doch wie realistisch ist es, dass dies auch in Luzern langfristig passiert? Vor einem Jahr sah Schärli die Chancen bei 80 oder 90 Prozent.
Gleichzeitig merkte er aber auch an: «Ob ich das jedoch noch erleben werde und es schon mit dieser Abstimmung klappt, das ist eine andere Frage.»