Immer mehr Soldaten behalten ihre Dienstwaffe – wegen Ukraine-Krieg?
Der Anteil der Schweizer Armeeangehörigen, die ihre Waffe nach dem Dienst übernehmen, wächst wieder. Das sorgt für politische Diskussionen.

Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Schweizer Soldaten behalten ihre Dienstwaffe nach dem Militärdienst.
- 2024 nutzten 19 Prozent diese Möglichkeit – deutlich mehr als 2016 mit 11 Prozent.
- SVP-Politiker sehen einen «patriotischen Aufbruch», auch wegen des Ukrainekriegs.
In der Schweiz wächst erneut das Interesse daran, die persönliche Militärwaffe nach dem Dienst zu behalten. Dies berichtet die «Sonntagszeitung».
2016 nutzten nur 11 Prozent der Soldaten diese Möglichkeit, in den letzten beiden Jahren stieg der Anteil auf 19 Prozent. 2009 lag er noch bei 30 Prozent.
«Patriotischer Aufbruch»
Der Trend freut SVP-Politiker Jean-Luc Addor, der von einem «patriotischen Aufbruch» spricht. Parteikollege Werner Salzmann vermutet den Ukrainekrieg als Ursache: Viele wollten für den Ernstfall vorbereitet sein.
Die Armee selbst erhebt keine Daten zu den Beweggründen und gibt daher keine offiziellen Erklärungen ab.
Eine frühere Abnahme der Zahlen lässt sich jedoch mit der 2010 eingeführten Schiessnachweispflicht erklären: Wer seine Dienstwaffe behalten will, muss in den letzten drei Jahren mindestens vier Bundesübungen absolviert haben. Für Pistolen reicht ein gültiger Waffenerwerbsschein.
Preislich sind die Waffen erschwinglich: Ein Sturmgewehr kostet 100 Franken, eine Pistole 30 Franken.
Addor kritisiert die Pflicht zum Waffenerwerbsschein und will dessen Abschaffung beantragen. Er bezeichnet das Behalten der Waffe als Ausdruck des Vertrauens in die Bürger und als Möglichkeit zur Selbstverteidigung.
SP-Politikerin warnt vor steigenden Gewalt- und Suizidfällen
SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf sieht die Entwicklung kritisch. Sie warnt, dass mehr Waffen auch das Risiko für Gewalt- und Suizidfälle erhöhe.
Bereits 2011 scheiterte eine Volksinitiative, die das Behalten der Dienstwaffe verbieten wollte, an der Urne. Seither gelten aber strengere Regeln für die Übernahme.
Parallel dazu zeigt sich ein landesweiter Anstieg bei den Waffenerwerbsscheinen, besonders in Basel und Bern.
Genaue Ursachen sind unklar. Experten nennen Kriegssorgen, ein wachsendes Unsicherheitsgefühl sowie die zunehmende Beliebtheit des Schiesssports – gerade bei Frauen. 2024 nahmen so viele Menschen am traditionellen Feldschiessen teil wie seit 2009 nicht mehr.